Lebensgeschichten: "Ich bin immer für Sie da"

mit Christiane Mackensen am 13. 01.2018

Reichlich belohnt wurde das Interesse an der Frauenrunde mit der Apothekerin  aus Soest, die an diesem Wochenende bei uns zu Gast war. Wir erlebten eine tatkräftige, humorvolle und zugewandte Frau, die vor Energie nur so sprühte, während sie uns einen höchst anschaulichen Einblick in ihre "Karriere" im kommunalen Ehrenamt gewährte.

Und ihre Geschichte war spannend: Aus Hornburg stammend war sie nach einem späten Studium der Pharmazie in Soest in Westfalen gelandet. Kaum hatte ihre Liebe zum Chorgesang  sie in den  Chor der Städtischen Musikschule geführt, fiel ihr dort  der Vorsitz des  Städtischen Musikvereins  vor die Füße. Als Arbeitgeberin des  Musikschullehrer-kollegiums und seiner 500 Schüler begann ihr Einstieg in den ständigen Kampf ums Geld aus dem Stadtsäckel. Denn der städtische Kämmerer pflegte großzügig den Sport zu unterstützen und hatte mit Kultur wenig am Hut. Ein typisches Problem, mit dem sich alle, die in unserem Land um staatliche Zuschüsse für Kultur ringen, ständig zu kämpfen haben – auch wir in Liebenburg. Schließlich gehört die Pflege der Kultur nach gängigem Verständnis der Kommunalpolitiker nicht zur Daseinsvorsorge, sondern ist eine sog. freiwillige Leistung der Kommune.

Doch ihr Engagement blieb nicht ohne Wirkung: 1998 wurde sie aufgefordert, für den Rat der Stadt zu kandidieren. Kaum gewählt, fand sie sich als Vorsitzende des Kulturausschusses wieder. Wie das so ist: ein Amt zieht das nächste nach sich und so wurde sie 5 Jahre später zu einer der beiden stellvertretenden Bürgermeisterinnen der Stadt Soest gewählt. (Irgendwie typisch: die Männer machen den Job, in dem man Geld verdient, die Frauen machen es umsonst.)

Sehr anschaulich schilderte sie ihre Aufgaben in dieser rein ehrenamtlichen Funktion, die überwiegend repräsentativer Natur sind. Da gilt es Grußworte des (hauptamtlichen) Bürgermeisters zu überbringen, Ausstellungen zu eröffnen, die Kommune vor  Landwirten, Kreislandfrauen oder in der Fachhochschule (für Agrarwissenschaften, Maschinenbau, Elektrotechnik und Design mit 3 500 Studierenden) zu repräsentieren, die Bürgerinnen und Bürger ihres Wahlkreises zu betreuen und deren Interessen zu vertreten, aber auch die der übrigen Bewohner….

Anschaulich und mit viel Humor schilderte sie , wie spannend und abwechslungsreich dies  Engagement sein kann, vor allem durch die zahlreichen Kontakte zu Menschen aus den vielfältigsten Bereichen unserer Gesellschaft. Doch es  hat es  auch seine Schattenseiten:

Ihren Vollzeitjob als Leiterin einer Apotheke hat sie zurückgefahren, um halbwegs über die Runden zu kommen. Viele Abend- und Wochenendtermine schränken das Privatleben massiv ein, der Bekanntenkreis reduziert sich massiv, es fehlt Freizeit, um inne zu halten, sich zu erholen, mal ein Buch zu lesen. All dies ist sicherlich ein Grund, warum immer weniger Menschen bereit sind, sich ehrenamtlich neben Job und Familie zu engagieren, vor allem aus der jüngeren Generation. Verständlich, dass das Loslassen schwerfällt, obwohl sie kürzer treten möchte. Was passiert mit dem in langen Jahren Aufgebaute, wenn unklar ist,  wer es weiterführt?

Liebenburg bedankt sich und wünscht alles Gute!

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